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Der letzte Tunnel

Geheimnisvoller unterirdischer Tunnel mit schwacher Beleuchtung

Salzwerke Bad Friedrichshall

Ich wollte ein kleines Experiment machen: den Ton und das Bild maximal synchronisieren. Eine Erzählung fast ausschließlich durch Klänge und Musik aufbauen – so, dass sie die Emotionen leiten und das Bild sie nur bestätigt. Wie Schatten, die sich im Rhythmus dessen bewegen, was zu hören ist.

Es gibt Wörter, die in meinem Wörterbuch ein besonderes Gewicht haben. Eines davon ist Monumentalität. Es ist das weltliche Äquivalent zur Katedralität – etwas Großes, Erdrückendes, das die Möglichkeiten des vollständigen Verstehens übersteigt.

Für mich sind Minen genau solche Orte. Ein Raum, der von allen Seiten geschlossen ist und gleichzeitig so groß, dass die Sinne versagen. Das Gehirn versucht, das Ganze zu erfassen, aber etwas im Inneren geht verloren – und dieses Verlieren ist genau das, was faszinierend ist. Noch mehr, wenn ich mir bewusst mache, dass all das – jeder Tunnel, jede Halle – das Ergebnis menschlicher Hand ist. Anthropogene Monumentalität. Erschaffen, der Erde entrissen, geformt zu etwas, das heute zur Kulisse für Kunst wird.

Denn es ist nicht mehr nur ein Ort der Ausbeutung. Abgesehen vom Reichtum der Mineralien sind Minen zu einem Schatzkammer der Geschichte, der Kultur und ein wenig Wahnsinn geworden. Das Recycling dieses Raums besteht heute darin, ihn zugänglich zu machen und zu gestalten. Irgendwann musste jemand sagen:

Hey, lass uns hier Laser und einen großen Lautsprecher aufstellen, und dort machen wir eine Lichtinstallation.

Höhlen oder Berge sind Werke der Natur – und vielleicht haben wir uns gerade deshalb schon ein wenig an ihre Größe gewöhnt. Von Kindheit an lernen wir, dass wir gegenüber der Natur klein sind. Dass es Dinge gibt, die älter, größer und beständiger sind als wir. Aber Minen? Architektur? Sie können immer noch überraschen - denn sie zeigen, dass der Mensch Grenzen überschreitet. Nicht nur die physischen, sondern auch die imaginären.

Die Menschen wetteifern. Schneller, weiter, höher. Lauter oder gerade leiser. Mehr, aber manchmal auch weniger – minimalistisch, extrem. In diesem Wettlauf entstehen Monster und Wunder: riesige Containerschiffe, die wie Meeresungeheuer dahingleiten, Wolkenkratzer, die über die Wolken hinausragen, Flugzeuge, deren Geschwindigkeitsbeschreibungen an irgendwelche Schallgeschwindigkeits-Multiplikatoren erinnern.

Vor diesem Hintergrund scheinen Minen... bescheiden. Sie sind unter der Erde. Versteckt. Sie schreien nicht mit ihrer Größe in die Welt hinaus, leuchten nicht aus der Ferne wie Wolkenkratzer. Aber vielleicht sind sie gerade deshalb so faszinierend – weil ihre Monumentalität in der Stille wirkt. Sie geht einem erst dann in den Kopf, wenn man sich in ihr befindet.

Denn dies ist kein Raum, der zum Bewundern entworfen wurde. Es ist ein nutzbarer, technischer Raum, der der Realität entrissen wurde. Und vielleicht wirkt er deshalb so stark auf die Emotionen – weil ihn niemand mit dem Gedanken an Rührung entworfen hat. Und trotzdem rührt er.

Idea

Ich wollte den Effekt von Illegalität und Abgeschiedenheit erzielen. Ein bisschen wie in einem Survival-Horror. Dieser Moment des Überschreitens des Verbots, wenn der Fuß auf der anderen Seite des Zauns steht und die Stille plötzlich verdächtig erscheint. Diese Angst, wenn du tiefer gehst und die Taschenlampe nur betont, wie wenig du siehst. Du schaust dich in der Dunkelheit um, obwohl nichts zu sehen ist. Alles arbeitet im Kopf.

Und am Ende – eine Szene, von der ich schwören könnte, dass ich sie schon einmal gesehen habe. Vielleicht im Traum. Vielleicht in diesen Träumen, aus denen du schreiend aufwachst und nicht weißt warum.
Eine riesige Halle. Ein paar Gestalten. Die Luft so dicht, dass man sie schneiden kann – ist das Nebel? Sie gehen langsam, wie Staffage in einem Gemälde, als wären sie nur eine Ergänzung zur Szenerie. Und im Hintergrund etwas. Etwas, das leuchtet. Unheimlich. Wie das Auge von Mordor, wie ein Stroboskop für den Geist.

Es wird ein Tunnel sein. Die letzte Gerade. Alle bewegen sich darauf zu.

Es fehlte nur der Klang.

Zum Glück – die Musik fand ich ziemlich schnell. Kostenlose Lizenz-Stock-Musik hat mich positiv überrascht. Es stellt sich heraus, dass die Menschen wirklich gerne solche Werke teilen – und ich bin ihnen dafür sehr dankbar. Ihre Kompositionen wurden der Hintergrund für etwas sehr Persönliches.

Ich fügte noch ein paar Dinge für das Unterbewusstsein hinzu:
Atem, Klickgeräusche, Glitch. Kleine Unruhen – solche, die signalisieren, dass etwas nicht stimmt, noch bevor der Zuhörer es versteht. Und am Ende – Jump Scare. Die Szene mit dem Tunnel.

Ich war so zufrieden damit, dass ich sie beim Schneiden wohl hundertmal angeschaut habe. Nicht aus Pflicht, sondern aus Spaß. Für diese eine Szene war das ganze unterirdische Durcheinander es wert.

Hier ist das Ergebnis,
Unbedingt Ton.

Credits:
Universfield
Delosound

In der Freundeskreis tauchte oft die Frage auf:
„Warum so kurz?”

Und das ist eine gute Frage. Denn ich habe mehrere Antworten darauf.

Erstens – das Hinzufügen einer neuen Szene würde die Notwendigkeit bedeuten, einen neuen Handlungsstrang oder eine Art erzählerische Brücke einzuführen. Und jede neue Szene – selbst eine kurze – zieht eine Kette weiterer Szenen nach sich: man muss sie vorbereiten, einbetten, begründen. Ich glaube, dass selbst eine nur wenige Sekunden längere Szene diesen Film um die Hälfte verlängert hätte – und zwar nicht nur zeitlich, sondern auch emotional.

Zweitens – es fehlten mir schlichtweg bestimmte Aufnahmen. Übergangsszenen. Bilder, die alles flüssiger verbinden würden. Erst in der Postproduktion habe ich bemerkt, dass es Lücken gibt, die schwer zu füllen sind, ohne an diesen Ort zurückzukehren.

Und zurückkehren – das würde ich gerne. Mit Vergnügen. Und wahrscheinlich werde ich es tun.

Zurzeit ist der Film kurz. Aber vielleicht sollte es so sein. Vielleicht ist es nur ein Vorgeschmack auf etwas Größeres. Oder es reicht genau aus, um Raum zu lassen – und ein Echo, das noch eine Weile im Kopf nachklingt.

Masnyk lehrt und unterhält – ein paar Worte über das Bergwerk in Bad Friedrichshall.

Wenn man in die Tiefe der Erde unter Bad Friedrichshall hinabsteigt, überschreitet man nicht nur die Grenze zwischen Licht und Schatten, sondern reist auch in der Zeit. In einem Raum, der in Salz gehauen wurde, unter der Last von Hunderten Millionen Jahren geologischer Geschichte und menschlichen Schicksalsdramen, kann man mehr als nur die Kälte des Gesteins spüren. Man kann eine Geschichte fühlen.

Anfänge und Tiefe

Die heutige Mine, bekannt als Salzbergwerk Bad Friedrichshall, reicht tief hinab – 180 Meter unter die Oberfläche. Ihr industrielles Leben begann am Ende des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1896 wurden hier die ersten Schächte gegraben, und bereits im Jahr 1899 begann der regelmäßige Salzabbau, wobei der Schacht den Namen König Wilhelm II erhielt. Jahrzehntelang pulsierte dieser Ort im Rhythmus der Arbeit und dem metallischen Klirren der Spitzhacken, wobei täglich Tausende Tonnen des weißen Goldes gefördert wurden.

Vor dem Krieg

Schon bevor der Schacht Wilhelm II entstand, waren die Gebiete um Friedrichshall bekannt für den Salzabbau und die Salzverarbeitung. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war hier eine Saline in Betrieb, und der Boden verbarg Reichtümer, die mit der Zeit strategische Bedeutung erlangen sollten. Die Mine war ein Ort des technischen Fortschritts – der Modernisierung der Abbaumethoden und der Entwicklung der lokalen Wirtschaft. Sie war auch Zeuge der ruhigen Entwicklung der Region, bevor die Geschichte dunklere Züge annahm.

Kriegszeit – Schatten über der Mine

Als der Krieg Deutschland mit eiserner Faust ergriff, wurden die Tiefen der Mine von der Kriegsmaschinerie übernommen. Im Jahr 1944, als alliierte Luftangriffe immer häufiger die Oberfläche heimsuchten, wurden die Untergründe von Bad Friedrichshall in eine unterirdische Fabrik umgewandelt. Das Kryptonym „Eisbär“ bedeutete die Verlagerung der Rüstungsproduktion in das Erdinnere. Die Mine wurde zu einem der Punkte der geheimen Industrie des Dritten Reiches – hier wurden Teile für Flugzeuge und Turbinen produziert.

Doch das dunkelste Kapitel sind nicht die Maschinen, sondern die Menschen. Hier wurde eine Außenstelle des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof eingerichtet – KZ Kochendorf. Etwa 5000 Häftlinge, darunter Polen, Franzosen, Deutsche, Juden, sowjetische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, arbeiteten unter unmenschlichen Bedingungen, um Salz abzubauen und kriegstechnische Elemente zu montieren. Mindestens 447 Personen kamen ums Leben – durch Erschöpfung, Krankheiten, Gewalt. Heute bewahrt das Gedenkstätte KZ-Kochendorf die Erinnerung an sie, ein Ort der Stille und Reflexion.

Historische Ausstellung in einem Tunnel bei Salzwerke Bad Friedrichshall

Nach dem Krieg – neues Leben unter der Erde

Nach 1945 kehrte die Mine langsam zum zivilen Leben zurück. In den folgenden Jahrzehnten ging der Abbau weiter, aber unter der Erde begannen auch andere Funktionen zu entstehen – unter anderem die Lagerung von Kunstwerken und Dokumenten. Räume mit stabiler Temperatur und Trockenheit wurden zu einem sicheren Zufluchtsort für das nationale Gedächtnis.

Im Jahr 1994 wurde der industrielle Abbau eingestellt. Heute kann man hier hinabsteigen, durch in Salz gehauene Hallen gehen, riesige Bergbaumaschinen und geologische Ausstellungen ansehen. Es fehlt auch nicht an Bezügen zur Kriegsgeschichte – jede Wand, jeder gehauene Tunnel erzählt eine andere Geschichte.

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